Anerkennung durch Schulterklopfmaschine
Wünschst du dir, dass endlich mal jemand sagt, dass du etwas gut gemacht hast? Oder dass du gefragt wirst, ob du Unterstützung brauchst, wenn gerade wieder irre viel auf deinem Schreibtisch liegt? Dann empfehle ich dir eine Reise nach Mettauertal in der Schweiz.
Dort gibt es nämlich eine Schulterklopfmaschine. Neben der Bushaltestelle und schräg gegenüber der Kirche steht dieses Gerät – versteckt in einer ehemaligen Telefonzelle. Hier ist allerdings kein mechanischer Arm, der auf die Schulter klopft, sondern ein Touchscreen. Du kannst eingeben, wofür du gelobt werden möchtest. Danach wird ein Foto geschossen und der Automat bietet an, das sofort auf Facebook zu posten. Und am Ende: tosender Beifall, jubelnde Menschenmassen und viel Getröte. Kein Witz.
Die spannende Frage ist: Warum kommt überhaupt jemand auf diese Idee? „Nicht geschimpft ist genug gelobt“ – dieses Motto begleitet unseren Alltag leider viel zu oft. Und wenn du dich nach Anerkennung sehnst, ist das nur normal. Anerkennung und Wertschätzung sind psychologische Grundbedürfnisse. Und wenn die nicht erfüllt werden, fühlen wir uns schlecht oder werden sogar krank.
„Schade, dass Sie gehen. Sie haben immer gelächelt.“ Diesen Satz hörte eine Kundin, als sie ihre Stelle wegen eines drohenden Burnouts gekündigt hatte. Diese Chefin hat es versäumt, vorher mal zu sagen, was gut läuft, was sie an der Mitarbeiterin schätzt oder warum sie die Arbeit gelungen findet.
Bittere Realität: Fehlende Anerkennung führt zu psychosomatischen Beschwerden
Wenn du jetzt die folgende Statistik liest, dann frag dich, welche Belastungen du aus deiner Zeit im Angestelltenverhältnis auch kennst. Wie hast du damals Unterstützung und Anerkennung erfahren?
Und frag dich auch, wie sich die Belastungsfaktoren mit deiner Selbstständigkeit verändert haben.
Die Erwerbstätigenbefragung 2018 der BIBB (Bundesinstitut für Berufsbildung) und BAuA (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin) zeigen, dass nur 59% der abhängig Beschäftigten häufig auf die Unterstützung von Vorgesetzten erleben. Nur 33% bekommen von ihrer Führungskraft häufig Lob und Anerkennung.
Bei der Befragung werden zwei Aspekte guter und gesundheitsfordernder Arbeit in den Mittelpunkt gestellt:
Hilfe und Unterstützung sowie Lob und Anerkennung durch Vorgesetzte.
Alle erfragten Belastungsfaktoren werden weniger intensiv empfunden, wenn die Beschäftigten gleichzeitig Anerkennung und Unterstützung erfahren. Von psychosomatischen Beschwerden wie z.B. Erschöpfung, Müdigkeit, Reizbarkeit oder Schlafstörungen wird seltener berichtet.
Die zweite Grafik macht deutlich, dass 39% der Beschäftigten, die häufig Anerkennung bekommen, keine Beschwerden haben. Im Gegensatz dazu sagen das nur 18% der Beschäftigten, die keine Anerkennung erhalten.
Die Ergebnisse zeigen sehr klar, wie wichtig Unterstützung durch die Führungskraft ist, um die psychische Gesundheit der Mitarbeiter zu erhalten.
Wenn Führungskräfte Unterstützung anbieten, kann das enorm helfen, die tägliche Arbeit leichter zu bewältigen. Hilfestellungen und Ratschläge können Lösungswege aufzeigen, sodass Unklarheiten oder Konflikte leichter aus der Welt zu schaffen sind.
Anerkennung und Wertschätzung führen dazu, dass die Beschäftigten zufriedener und motivierter sind. Und sie fühlen sich auch stärker verbunden mit dem Unternehmen, für das sie arbeiten.
Du hast Anerkennung verdient!
Wenn du jetzt selbstständig bist, hast du vielleicht vorher als Angestellte erlebt, was es heißt, eine zugewandte Chefin zu haben. Du konntest stolz sein auf gelungene Projekte und das positive Feedback deines Teams war Balsam. Und jetzt? Du hast keinen Chef, der dir sagt, dass du gute Arbeit machst. Wie kommst du dann an die Anerkennung, die jeder so dringend braucht? Wer kümmert sich um dich?
5 Ideen, wie du dir in deiner Selbstständigkeit das Grundbedürfnis nach Anerkennung erfüllst
1. Richte deinen Fokus auf Positives
Wenn du dir bewusst vornimmst zu sehen, was andere gut machen, fällt es dir leicht, anderen Anerkennung zu schenken – und zwar in allen Rollen, die du im Leben hast: Sag einer anderen Person, was dir an ihr gefällt. Mach jemandem eine Freude. Bedanke dich für etwas, was dir besonders gutgetan hat. Freu dich: „Wie schön, dass du da bist.“
Ich erlebe regelmäßig in meiner Lieblings-FB-Gruppe, wie wertvoll und wohltuend gegenseitige Anerkennung ist. Am Morgen lese ich: “Ihr schlauen Menschen hier… weiß jemand, wie ich einen Linktree erstelle, den ich dann mit meinem Insta-Profil verknüpfe?” Ich habe interessiert mitgelesen, weil ich nicht mal wusste, was ein Linktree ist (falls du es auch nicht weißt: Ein Linktree ist eine extra Landingpage, auf der du gebündelt deine Links zusammenstellst, damit die Nutzer*innen schnell und gezielt zu deinen Angeboten kommen und sich nicht erst durch die Website klicken müssen.)
Es folgen 41 hilfreiche Kommentare zu verschiedenen Möglichkeiten, einen Linktree zu bauen, Hinweise zu Apps und am Ende ein fertiger Linktree, der mit Hilfe dieser Tipps erstellt wurde. Die anderen Frauen freuen sich mit und das Emoji “Daumen hoch” hat signalisiert wirkliche Anerkennung.
Nach vier Stunden gibt es ein Update des ersten Posts: “Thema erledigt – Dank eurer tollen Hinweise. MERCI!”
Positiv denken und dankbar sein hat ganz viel miteinander zu tun. Wenn du mal wieder einen Reminder zum Thema Dankbarkeit brauchst, dann lies meinen Blogpost „Dankbar sein – das Mittel für größere Zufriedenheit“ .
2. Gib dir selbst Zuwendung
Kennst du diese Sprüche? „Nimm dich nicht so wichtig.“ „Stell dich nicht so in den Mittelpunkt.“ Oder „Eigenlob stinkt.“ Viele von uns haben in ihrer Kindheit erlebt, dass ihr natürlicher Stolz nicht nach draußen durfte. Und das, obwohl der Bibelspruch „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ sicherlich genauso populär ist. Sich selbst etwas Gutes zu tun, fällt vielen schwer.
Wir werten uns oft auch selbst ab durch die Art, wie wir zu uns sprechen: „War ja klar, dass ich den Auftrag nicht kriege.“ „Ich bin eben zu blöd dazu.“ „Ich kann’s einfach nicht.“ Ich weiß von vielen Frauen, dass ihre Selbst-Gespräche so laufen. Anerkennung geht anders. Klopf dir selber auf die Schulter, erzähl anderen von deinen Erfolgen.
3. Nimm Anerkennung selbstbewusst an
Wie gehst du damit um, wenn du Komplimente bekommst? Oder positives Feedback für einen gelungenen Workshop? Was fühlst du? Sagst du selbstsicher „Danke“? Wenn ich einer Freundin sage, dass mir ihr neuer Pulli gefällt, kommt manchmal „war gerade im Angebot“ oder „musste mir mal was gönnen“ oder „hatte noch ein bisschen Zeit in der Stadt und habe zugeschlagen“. Selten ein souveränes „freut mich“. Alles eher Rechtfertigung als ein entspanntes „Danke“.
Wir sind es nicht gewohnt, Anerkennung auf der Ebene anzunehmen, auf der sie uns gesendet wurde, nämlich als positive Zuwendung. Manche Menschen sind positive Zuwendung kaum gewohnt und können sie sogar schlecht ertragen. Manchmal ist da Misstrauen oder Scham.
4. Bitte um Zuwendung und Unterstützung
Hier kommt jetzt eine Antwort auf die Frage: Wer kümmert sich um mich, wenn ich meine eigene Chefin bin? Du selbst. Klingt absurd? Ist es aber nicht und ich erkläre dir, warum.
Du kannst die Menschen um dich herum nur sehr begrenzt in ihren Handlungen beeinflussen. Wenn du z.B. wissen möchtest, wie deine Kooperationspartner*innen die Art der Zusammenarbeit erleben – frag nach. Nur du kannst genau wissen, was du brauchst.
Auch Testimonials können diese Funktion übernehmen. Wenn ich nach einem 3-monatigen Coaching-Prozess meine Kundinnen bitte, mir ein Feedback zu geben, dann spüre ich in den Rückmeldungen oft auch ganz viel Anerkennung unserer gemeinsamen Arbeit. Und das tut richtig gut.
Ich weiß, dass gerade am Beginn der Selbstständigkeit viele Frauen sich scheuen, Referenzen zu erbitten. Sie trauen sich nicht, weil sie denken, dass die Antwort vielleicht nicht so überzeugend sein könnte. Oder dass sogar auch kritische Anmerkungen gemacht werden. Selbst wenn – du musst sie ja nicht verwenden. Sei also mutig und bitte um Testimonials, freu dich über wertschätzende Kommentare und nutze Kritik, um weiter zu lernen.
Und zuletzt: Du darfst auch zwischendrin mal fragen, wie zufrieden deine Kund*innen mit dir und deiner Arbeit sind. Auch das ist ein Weg, Anerkennung zu bekommen. Die Reaktion ist oft überraschend positiv. Trau dich.
5. Schau öfter mal in den Spiegel
Der Mensch, den du da anschaust, hat schon ganz viel in seinem Leben geleistet. Anstrengende Zeiten überstanden. Krisen gemeistert und den Mut gehabt, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. Dieser Mensch hat ganz viel Anerkennung verdient. 😊
Und? Brauchst du jetzt noch die Schulterklopfmaschine?